Cookie

< zur Übersicht

26.08.2021
Technologieauswahl
Benedikt Wolters / Michael Kunze

linked in links

Wie finde ich die richtige Shop-Technologie für mich?

Mit dieser oder einer ähnlichen Frage beschäftigen sich Unternehmen immer wieder und bei der Vielzahl an Shopsystemen auf dem Markt verliert man schnell den Überblick. Der erste Schritt ist oft die Recherche, die dann mindestens so viele Artikel und Blogbeiträge liefert, wie es Agenturen gibt, die entsprechende Projekte umsetzen. Meistens wird ein Shopsystem empfohlen, welches sich im Portfolio befindet oder gerade dem aktuellen Hype entspricht. Doch wie findet man wirklich das passende System für das eigene Unternehmen bzw. kann ich nicht einfach das Shopsystem verwenden was mir als erstes empfohlen wird? One fits all – Fehlanzeige!

Wahrscheinlich haben Sie schon intern mit Ihren Fachabteilungen einen Anforderungskatalog erstellt. Da liegt es nahe, diese Anforderungen mit den Produktbeschreibungen der Hersteller zu vergleichen und so das passende Shopsystem zu wählen. Was als plausibles Vorgehen erscheint, scheitert aber meist am Detailierungsgrad der Anforderungen - so reichen Kriterien wie „Filtersysteme“ oder „Suchfunktion“ nicht aus. Auch die Auflistung von Marketing-Features führt nicht zum Erfolg. Oberflächlich betrachtet, handelt es sich hierbei um Standardfunktionen, die jedes Shopsystem, welches für den Unternehmenseinsatz gedacht ist, bietet. Der Qualitätsunterschied im Funktionsumfang liegt oft im Detail. Das richtige Shopsystem zu finden, ist also eine Aufgabe, die nicht zu unterschätzen ist. Ist einmal ein System implementiert, sollte dieses auch mindestens ein halbes Jahrzehnt mit der bestehenden und zukünftigen IT-Landschaft harmonieren.

Dieser Artikel gibt Ihnen einen groben Leitfaden, wie man das passende Shopsystem für das eigene Unternehmen findet. Des Weiteren geben wir Ihnen Anregungen, mit denen Sie die richtigen Anforderungen und Kriterien definieren können. Das Vorgehen ist dabei unabhängig davon, ob Sie vor der erstmaligen Einführung eines Shopsystems stehen oder die bestehende Technologie Ihren End of Lifetime erreicht hat.

Der WEG zur passenden Technologie

Die Idee anhand eines Kriterienkatalogs, also die Evaluierung anhand der Funktionalität durchzuführen, ist nicht neu. Dennoch bedarf es einiger Vorbereitung und der notwendigen Expertise. Da die meisten eCommerce Lösungen anpassbar sind, ist neben der funktionalen Abdeckung auch eine Kostenbewertung notwendig. So lassen sich unter Umständen benötigte Funktionen, die im Standardprodukt nicht vorhanden sind, mit geringen Investitionen ergänzen. Vor der eigentlichen Analyse und Kostenbewertung gelten aber andere Faktoren als wichtig, um die Auswahl der möglichen Shopsysteme (Longlist zu Shortlist) bereits einzugrenzen.

Longlist - Was gibt der Markt her?

Beginnen wir damit, welche möglichen Technologien ein Unternehmen einsetzen kann. Wir konzentrieren uns in der Betrachtung auf die führenden Softwarelösungen, sowohl auf dem Bereich der Open Source als auch der proprietären Software. Bereits hier können wir Unterscheidungskriterien festlegen, z.B. anhand der Lizenzkosten (lizenzkostenfreie und lizenzpflichtige Software), der Verfügbarkeit einer vom Softwarehersteller betriebenen Cloud Umgebung oder ob ein Hersteller Support überhaupt vorhanden ist. Oftmals ist eine Software auch für ein bestimmtes Geschäftsmodell ausgerichtet bzw. besser geeignet als andere. Das sind nur einige Beispiele, welche Kriterien Sie für die Auswahl heranziehen können.

Natürlich gibt es noch viele weitere Lösungen, die für den Unternehmenseinsatz geeignet sind. Entsprechend könnte man diese Tabelle weiter fortsetzen, z.B. mit Intershop, ORO Commerce, Microsoft Dynamics 365 Commerce, Commercetools und viele weitere.

Welche Kriterien Sie verwenden können, um mögliche Dealbreaker, also Technologien die aufgrund bestimmter Eigenschaften definitiv nicht in Frage kommen, zu definieren, ist sehr individuell. Meistens eignen sich besonders die sogenannten „nicht funktionalen Anforderungen“. Hierzu gehören z.B. Ihr eigenes Geschäftsmodell, erwarteter Umsatz, IT-Strategie sowie vorhandenes Budget. Ebenfalls sind Mengengerüste von Interesse, z.B. Anzahl an Produkten, Bestellungen pro Stunde. Zudem können Aspekte wie Barrierefreiheit des Backends die Auflistung möglicher geeigneter Shopsysteme deutlich verkürzen. Auch vorhandene Software innerhalb Ihres Unternehmens, also die Systemlandschaft, kann bereits Anhaltspunkte liefern, um die Liste der möglichen Kandidaten einzugrenzen. Verlassen Sie sich hierbei nicht nur auf die Aussagen der Hersteller. Sie sollte sich hierbei Unterstützung in Form von technologie- und herstellerunabhängiger Beratung suchen. Entsprechende Experten unterstützen Sie bereits mit geringem Aufwand dabei, die Auswahl einzugrenzen, so dass Sie sich für die weitere Betrachtung nur noch mit 3 bis 4 Technologien genauer auseinandersetzen müssen.

SHORTLIST – WAS BENÖTIGEN SIE NOCH

Im nächsten Schritt sollten dann die noch vorhandenen Produkte mit Hilfe eines Kriterienkatalogs anhand von Funktionsumfang und Kosten bewertet werden. Der Detailgrad des Anforderungsdokuments spielt dabei die entscheidende Rolle. Für die Erhebung der Anforderung sollten Sie also ausreichend Zeit einplanen. Definieren Sie neben User Stories auch Use Cases und Abnahmekriterien, um Ihr Ziel möglichst genau zu beschreiben. Beschreiben Sie Anforderungen an das System, auch wenn diese erst in mehreren Jahren umgesetzt werden müssen. Vergessen Sie auch hier nicht die Rahmenbedingungen und nicht funktionalen Anforderungen mit aufzunehmen. Ebenfalls sollten notwendige Dokumentation, sowie Prozesse für eine effektive Bereitstellung der Software und Umgebungen für Integrationstest und Abnahme der Entwicklung definiert werden.

Eine grüne Wiese ist bei Start Ups oder komplett neuen Geschäftsfeldern anzutreffen. In der Realität sind aber oft Bestandssysteme wie Warenwirtschaft, Einkauf, CRM oder PIM im Einsatz. Das Ziel sollte sein, diese Systeme möglichst nahtlos mit dem neuen Shopsystem zu verknüpfen. Möchten Sie bei der Artikelpflege erneut Daten ins Shopsysteme einpflegen? Oder, werden diese aus dem PIM per Schnittstelle (z.B. Rest API) überspielt? Die Integration mit der Warenwirtschaft und dem CRM ermöglicht außerdem eine schnellere Bestellabwicklung. Definieren Sie also bereits jetzt, welche Daten mit welchem System ausgetauscht werden sollen. Alles bereits enthalten? Sehr gut.

Die beste Integration ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Vergessen Sie nicht einen wichtigen Akteur des täglichen Shop-Betriebes: der Mitarbeiter des Unternehmens, der den Shop über das Backend bedient. Kein noch so   glänzender Shop macht Spaß, wenn die Bedienung für die eigenen Mitarbeiter eine Katastrophe ist. Sowohl für Backendnutzer als auch Service- und Außendienstmitarbeiter empfiehlt es sich, im Rahmen der Analyse die Anforderungen zu erheben. In persönlichen Interviews oder über eine strukturierte Frageliste können so Sun- und Pain Points aus dem Bestandssystem als Grundlage für das neue System dienen.

Bis hierher haben Sie schon einige Kriterien für Ihr neues System generiert. Den eigentlichen Endnutzer haben wir jedoch nicht betrachtet. Im Optimalfall haben Sie sich schon mit Customer Journeys, Personas und User Flows beschäftigt und spiegeln nun zusätzlich die Endkundensicht in Ihrem Anforderungsdokument wider.

Sie sehen, es benötigt eine Menge an Informationen, um wirklich das richtige Shopsystem zu finden. Auch hier kann ein externer Berater unterstützen. So bedarf gerade die Endkundenperspektive weniger technisches, sondern fachliches Know-how. Ein UX Consultant erkennt dabei die Needs des Kunden und kann diese übersetzen. Der Invest lohnt sich, denn am Ende haben Sie ein professionell strukturiertes, klassifiziertes, priorisiertes und mit klaren Abnahmekriterien versehenes Anforderungsdokument, was Sie später auch als Backlog für den Projektstart wiederverwenden können.

Funktionale Analyse & KOSTENBEWERTUNG – WAS IST NUN DAS RICHTIGE SYSTEM?

Egal ob Sie selbst Entscheider sind oder die Entscheidung vorbereiten sollen, ab diesem Punkt werden Sie nicht mehr ohne Unterstützung auskommen. Es gilt nun die verbleibenden Shop-Lösungen anhand Ihrer Kriterien zu überprüfen. Dies kann man tun indem jeder Punkt mit Prozentwerten von 0-100% bewertet wird, gleichzeitig kann so eine Kostenindikation für die Umsetzung erfolgen, da neben dem Abdeckungsgrad auch der Anpassungsaufwand erfasst wird. Die Bewertung sollten Experten durchführen, die sich in der jeweiligen Technologie auskennen und entsprechende Projekterfahrung vorweisen können. Querschnittsthemen z.B. Projektleitung, Risiko und Gewährleistungsaufschläge sollten für alle Technologien Prozentual ergänzt werden. Nur so lässt sich eine Vergleichbarkeit herstellen. Da Sie Ihre Anforderungen vorab priorisiert haben, kann eine Roadmap erstellt werden, aus der die Investitionsplanung nicht nur für das Initialprojekt, sondern auch für die Weiterentwicklungsphase abgeleitet werden kann. Auf dieser Basis können verschiedenste Analyse durchgeführt werden und Entscheidungssicherheit sowie Planungssicherheit gewonnen werden.

FAZIT

Was ist die beste Shop -Technologie? Das ist natürlich, …. Nein so einfach und trivial ist es immer noch nicht. Es gibt nicht die beste Software, sondern diejenige, die am besten zu Ihrem Unternehmen passt. Um diese zu ermitteln, müssen Rahmenbedingungen gefunden werden, um die große Auswahl einzukürzen. Zu einer wirklichen Bewertung bedarf es darüber hinaus vielen Informationen. Nehmen Sie sich also Zeit und dokumentieren Sie Ihre Anforderungen so detailliert wie möglich. Betrachten Sie dabei so viele Perspektiven wie möglich, also das System aus Endkunden, Backendnutzer aber auch Service- und Vertriebssicht. Auch Ihre Systemlandschaft ist relevant. Scheuen Sie sich nicht, im Zweifelsfall die notwendige Expertise von extern einzubinden.

Die richtige Technologie auszuwählen, ist genauso wichtig wie den passenden Partner für die Umsetzung Ihres Projektes zu finden. Beides sind entscheidende Faktoren für Ihren Projekterfolg.


< zur Übersicht