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02.02.2023
Allgemeines & Aktuelles
Stanley Wilde | Marketing Digital Commerce 

Trends im E-Commerce Teil 2: Gehört die Zukunft dem Metaverse?

In meinem ersten Artikel zu den aktuellen Trends und wichtigsten Themen im E-Commerce-Umfeld ging ich darauf ein, worauf Unternehmen in 2023 achten sollten. Nun möchte ich mich etwas weiter aus dem Fenster lehnen und mal einen Blick in die entferntere Zukunft werfen. Welche Technologien könnten in 2024 und darüber hinaus den Unterschied bringen?  

Eines der spannendsten Projekte ist sicherlich das sogenannte Metaverse. Schon seit Filmen wie „Ready Player One“, „Thron Legacy“ oder „Matrix“ können es Fans kaum erwarten, eine authentische virtuelle Welt zu besuchen, in der die sozialen Interaktionen so umfangreich sind, dass sie dem echten Leben in nur wenigen Punkten nachstehen. Zugegeben, für viele wird sich das wie eine Dystopie anhören und die meisten Filme bestärken diesen Eindruck in der Regel auch, aber würde es nicht jeden reizen, einmal in so eine Welt abzutauchen? Doch wie ist der aktuelle Stand bei den virtuellen Welten und worin liegen die Chancen für Unternehmen und ihren Vertrieb?  

Was ist ein Metaverse überhaupt?  

Ein Metaverse oder auch Meta-Welt genannt, ist eine Bezeichnung, die ursprünglich aus der Science-Fiction stammt. Es beschreibt eine virtuell erzeugte Welt bzw. Umgebung, in der die Benutzenden interagieren und miteinander kommunizieren können. Es handelt sich dabei um eine Welt, die durch moderne Technologien wie Virtual Reality oder Augmented Reality ermöglicht bzw. erweitert wird. Dabei ist es eine grundlegende Bedingung für ein Metaverse, dass sich die Welt an Strukturen und Abläufen orientiert, wie sie auch in der realen Welt zu finden sind. So sollte es beispielweise die Möglichkeit geben, mit anderen Benutzenden über ein Währungssystem Waren und Dienstleistungen zu tauschen. Viele betrachten auch die Dezentralität als Kriterium für ein richtiges Metaverse und den Aufbau auf einer Blockchain-Technologie. Einige Visionäre sehen im Metaverse die nächste Evolutionsstufe des Internets, in der die Grenzen zwischen der realen und der virtuellen Welt verschwimmen und in der die Menschen ihre Online- und Offline-Erfahrungen miteinander verknüpfen können und sich selbst als digitalen Zwilling abbilden können.  

Aktuell gibt es noch kein richtiges Metaverse, welches die eben genannten Kriterien erfüllt, aber immer mehr virtuelle Welten werden sich durch zusätzliche Erweiterungen und den Einsatz von neuer Technologie wie AR- und VR-Funktionen in Richtung Metaverse weiterentwickeln. Es gibt dabei viele verschiedene Arten von virtuellen Welten, die sich in ihrer Funktionsweise, ihrem Zweck, der verwendeten Technologie und Zielgruppe unterscheiden. Einige Beispiele sind:  

  • Second Life: Eine der ältesten virtuellen Welten, die seit 2003 besteht. Hier können Benutzer ihre Avatare erstellen und in virtuellen Umgebungen interagieren, einschließlich virtueller Immobilien, Einkaufsmöglichkeiten und sozialen Aktivitäten. 
  • VRChat: Eine virtuelle Welt, die hauptsächlich für Virtual-Reality-Headsets entwickelt wurde und in der Benutzende ihre Avatare erstellen und in virtuellen Räumen interagieren können. Es ist bekannt für seine Community-getriebenen Inhalte und die Möglichkeit, mit anderen Benutzenden aus der ganzen Welt zu interagieren. 
  • Roblox: Eine virtuelle Gaming-Welt, die hauptsächlich für Kinder und Jugendliche entwickelt wurde und in der Benutzende ihre Avatare erstellen und in virtuellen Umgebungen spielen können, die von der Community erstellt wurden. 
  • Decentraland: Eine virtuelle-Welt, die auf der Ethereum-Blockchain aufgebaut ist und in der Benutzende virtuellen Grundbesitz erwerben und entwickeln können. Es bietet auch Möglichkeiten für soziale Interaktion und gemeinsame Erlebnisse. 
  • World of Warcraft: Eins der beliebtesten MMORPG’s (massively multiplayer online role-playing game) mit einer riesigen Community von Gamern, die in einer sehr großen und frei erkundbaren Welt miteinander interagieren und handeln können.  

Die aufgeführten Beispiele können nach den oben beschriebenen Kriterien noch nicht als Metaverses bezeichnet werden, da sie jeweils nur in einzelnen Aspekten an ein solches herankommen. Wenn sich die virtuellen Welten entsprechend weiterentwickeln können sie aber den Status Metaverse in Zukunft erreichen. 

Wird es einmal das „eine Metaverse“ geben?  

Das bekannteste Projekt für ein Metaverse in dem sämtliche Nutzer vereint sein sollen, stammt wohl von Mark Zuckerberg und seinem Unternehmen Meta. Der Facebook-Konzern Meta hat angekündigt, dass es an einer virtuellen Welt arbeitet, in der die Benutzer interagieren und sich in verschiedenen Umgebungen treffen können. Diese Umgebungen können sowohl von Facebook selbst als auch von Dritten erstellt werden. Es soll eine Plattform sein, die sowohl für soziale Interaktionen als auch für den kommerziellen Gebrauch, wie zum Beispiel zum Einkaufen, für Bildung oder zur Unterhaltung, verwendet werden kann. Facebook hat mehrere Produkte und Dienste angekündigt, die Teil des Metaverse sein werden, wie zum Beispiel “Horizon”, eine Plattform, die es den Benutzern ermöglicht, gemeinsam in virtuellen Umgebungen zu spielen und zu interagieren. Letztes Jahr wurden die ersten Einblicke in das Herzensprojekt von Zuckerberg enthüllt. Die Reaktionen waren besonders aufgrund der sehr simplen graphischen Umsetzung eher verhalten. Dennoch glaubt der Facebook-Gründer an den langfristigen Erfolg und will die Weiterentwicklung unbeirrt fortsetzen. Aktuell ist das Metaverse noch ein Verlustgeschäft, so konnte die für die Entwicklung zuständige Konzernsparte für 2022 nur einen Verlust von ca. 13,7 Milliarden Dollar vermelden. Ob die Entscheidung am kostspieligen Metaverse festzuhalten richtig ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. 

 

Welche Vorteile bieten virtuelle Welten für den digitalen Vertrieb?  

Wenn es um die Vorteile für den Commerce-Bereich im Metaverse geht, dann liegen diese in erster Linie in der Verschmelzung von Onlineshop und Einzelhandelsgeschäft. Das Metaverse bietet eine Reihe von Nutzungsmöglichkeiten, die für sich betrachtet in gewisser Weise auch in einem physischen Geschäft oder einem gut aufgestellten Onlineshop zu finden sind, allerdings schafft die Verbindung beider Commerce-Bereiche ein noch nie zuvor dagewesenes Potential.  

Dank der frei erkundbaren Welt kann man durch virtuelle Einkaufspassagen schlendern und sich vor Ort mit anderen Einkaufenden über Produkte unterhalten oder sich von einem Mitarbeitenden beraten lassen. Durch VR/AR- Einbindungen werden Produkttests auch im virtuellen Rahmen möglich, sodass das Einkaufserlebnis sehr nah an die reale Erfahrung in einem Store herankommt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, das Produkt in allen verfügbaren Konfigurationen zu betrachten oder direkt im zukünftigen Anwendungsumfeld zu testen. Funktionen, wie sie bereits in den Onlineshops von Amazon, IKEA und Co. zu finden sind, werden im Metaverse das klassische Einkaufserlebnis erweitern. So können Besucher eines virtuellen Möbelhauses die in der VR-Umgebung konfigurierten Möbel zeitgleich auch per AR-Funktionen in ihrem Wohnzimmer außerhalb des Metaverses testen. Damit ermöglicht das Metaverses eine neue Immersion und Interaktivität, wie sie bislang nicht möglich ist.  

Metaverse-Projekte wie das von Facebook/Meta ermöglichen darüber hinaus auch eine deutlich erhöhte und genauere Zielgruppenansprache. Durch gezieltes Tracking der Interaktionen und Bewegungen im Metaverse, können Angebote an die kundenspezifischen Interessen angepasst werden. So wird es möglich sein, dass Besuchende eines virtuellen Geschäfts bereits bei Eintritt ihre präferierten Produkte in für sie geeigneten Konfigurationen vorfinden. Ein simples Beispiel wäre, dass nach dem Besuch eines virtuellen Konzerts im Metaverse das nächste Modegeschäft Fanartikel oder die getragenen Outfits der Künstler im virtuellen Showroom präsentiert. Mit der freien Zugänglichkeit zum Metaverse können auch weitere Zielgruppen erschlossen werden, die aktuell nur begrenzt erreichbar sind, da sie aufgrund ihres Wohnorts, körperlicher Beeinträchtigungen oder anderer Faktoren nur über digitale Kanäle angesprochen werden können.  

Ähnlich wie auch im Einzelhandel kann durch das Ausprobieren und interaktive Betrachten der Produkte im Metaverse die Produktauswahl optimiert werden. Dies wirkt sich natürlich auch positiv auf eventuelle Reklamation oder Rücksendungen aus. In Kombination mit automatisierten Verkaufsprozessen und virtuellen Lagerverwaltungssystemen ermöglicht das Metaverse Unternehmen eine Steigerung ihrer Effizienz.  
 
Es ist allerdings zu beachten, dass die Metaverse-Technologie noch in ihrer Anfangsphase ist, die Nutzung und Akzeptanz durch die Verbraucher sich erst noch entwickeln muss und es auch noch einige technologische Herausforderungen und regulatorische Hürden gibt, die es noch zu überwinden gilt. Doch ähnlich wie mit dem Einzug des Internets bietet sich durch Metaverse-Welten ein unglaublich großes Potential an, welches die E-Commerce Welt vielleicht schon in ein paar Jahren auf den Kopf stellen könnte. An einem mangelnden Interesse fehlt es dem Metaverse aktuell schon mal nicht, betrachtet man das Suchvolumen nach Metaverse-Expertinnen und Experten auf LinkedIn, so ist dieses in den letzten Jahren rasant gestiegen. Dabei ist in der nachfolgenden Abbildung gut zu erkennen, dass das Metaverse als Themengebiet eine Weiterentwicklung der Themenbereiche ist, die sich mit einer erweiterten Realität bzw. einer virtuellen Umgebung beschäftigen.  

Abbildung 1: Schematische Darstellung von Suchvolumen des Metaverse-Begriffs auf LinkedIn


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