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31.03.2022
Workshops / Beratung
Mariele Haferland | Facilitator & Consultant im Bereich Customer Experience

5 schmerzhafte Erkenntnisse aus zwei Jahren mit virtuellen Workshops

Teil 2

Im ersten Teil dieser Reihe habe ich mit Ihnen drei Tipps für Ihre erfolgreiche Workshop-Planung geteilt. Wir mussten viel dazu lernen, neue Formate ausprobieren und sind mitunter auch ordentlich gescheitert. Aber das Gute ist – das ging uns allen so und wir haben daraus gelernt! Nun will ich Sie aber nicht weiter auf die Folter spannen und im zweiten Teil fünf schmerzhafte Erkenntnisse aus zwei Jahren virtuellen Workshops offenbaren.

#1 Kann mich irgendjemand hören?

Ein großer Teil unserer Kommunikation lebt von der Gestik und Mimik, die wir beim Gegenüber wahrnehmen. Im virtuellen Raum können wir das über Mikro, Kamera und Chat verwirklichen. Wünschenswerterweise können alle Teilnehmenden im Workshop ihre Kamera über den gesamten Zeitraum anschalten.

Gibt es Probleme mit der Technik im Termin sollten die Moderierenden verschiedene Kniffe bereithalten, um den Teilnehmenden zu helfen:

  • Nochmal einwählen
  • Kamera aus bei geringer Bandbreite
  • Richtiges Mikro verbinden
  • Gegebenenfalls mit dem Handy einwählen
  • Nutzen Sie für die Fragensammlung während des Termins auch den Chat

Tipp: Begrüßen Sie jeden Teilnehmenden, der sich einwählt, persönlich am Anfang des Termins und starten Sie so einen kleinen Technikcheck: „Hallo Herr Müller, schön, dass Sie dabei sind. Wie geht es Ihnen? Ich kann Sie leider noch nicht sehen.“.

Dafür bietet es sich an eine Viertelstunde vor dem eigentlichen Start des Workshops eine Zeit zum „Ankommen“ und „Technik-Check“ anzubieten. In dieser Viertelstunde haben die Teilnehmenden Zeit für das „kleine Gespräch“, gegenseitiges Kennenlernen und die mentale Vorbereitung auf die kommenden Stunden sowie den Check der eigenen Technik.

#2 Dies ist ein Wake-up Call!

Ein gut vorbereitetes Warm-up und ein knackiger Check-out sind auch online essenziell. Die Frage ist, wie erhält man wache, aktivierte und motivierte Mitarbeitende trotz der andauernden Zusammenarbeit am Rechner? Wie schafft man einen erfolgreichen Abschluss, sodass alle mit einem guten Gefühl den virtuellen Raum verlassen?

Bei virtuellen Workshops sind Warm-ups besonders wichtig, da räumliche Isolation und Videotechnik ein distanziertes und unpersönliches Klima bewirken. Teilnehmende werden müde und schweifen gedanklich ab. Deshalb ist die emotionale Nähe trotz Virtualität umso wichtiger.

Wählen Sie Ihr Warm-up passend zum Teilnehmerkreis aus. Welche Größe hat die Gruppe? Kennen sich die Teilnehmenden oder sind sie sich völlig neu? Wie viel Zeit haben Sie für das Warm-up eingeplant?

Sind sich die Teilnehmenden völlig unbekannt, ist es sinnvoll das Warm-up mit einer Vorstellungsrunde zu verbinden. Hier bieten sich Selbstportraits auf dem Whiteboard, Hashtags für die persönlichen „Superkräfte“ oder eine kreative Abfrage der Erwartungen an. Kennen sich die Teilnehmenden jedoch schon besser, zum Beispiel in einer Team-Retro, kann es zu Beginn auch gern etwas persönlicher werden. Gute Einstiege sind zum Beispiel ein Wertschätzungskreis (das stärkt zugleich das Selbstbewusstsein der Einzelnen direkt zu Beginn), ein Line-up mithilfe von Skalen auf einem Whiteboard zu unterschiedlichsten Themen oder etwas mit mehr Action, wie eine selbst kreierte Power Geste oder Emoji-Gesichtsgymnastik.

Ähnliches gilt für den Check-out. Hier ist es wichtig nächste Schritte zu formulieren und Feedback zum Workshop von den Teilnehmenden einzuholen. Beachten Sie dies bei der Zeitplanung, um nicht am Ende dieses essenzielle Element übergehen zu müssen.

#3 Setzen Sie auf Housekeeping-Rules

Es klingt abgedroschen, doch auch im virtuellen Raum müssen gewisse Regeln im Kontext eines Workshops vereinbart werden. In einer Präsenzsituation hat man als Moderierende die Teilnehmenden im Blick, kann Gestik und Mimik, eventuelle Ablenkungen durch Laptops und Co. offensichtlich sehen und intervenieren. Im virtuellen Raum gehört das technische Equipment dazu und macht den Workshop erst möglich. Auch aufgrund der Home Office Situation sind Unterbrechungen nicht auszuschließen und die Aufmerksamkeit kann schneller abschweifen.

Deshalb halte ich es für wichtig gemeinsame „Housekeeping-Rules“ aufzustellen. Neben den üblichen („Wir lassen jeden ausreden“, „Vegas-Regel“ oder generell behutsamer Umgang miteinander), lohnt es sich, den Konsens der Teilnehmenden zu einigen weiteren Verhaltensregeln oder Kommunikationsknigge einzuholen. Denn mal eben eine Mail beantwortet, kurz den Teammitgliedern schreiben oder mit ein paar Klicks nebenbei die Präsentation fertigstellen – das ist alles nur eine Mausbewegung entfernt. Hier ein paar Beispiele, welche Housekeeping-Rules Sie aufstellen können:

  • Schließen Sie alle unnötigen Programme und Browsertabs
  • Schalten Sie das Diensttelefon stumm
  • Tragen Sie Ihre Abwesenheit für den Workshop im Kalender ein bzw. hinterlegen Sie eine Abwesenheitsnotiz
  • Wer nicht spricht, schaltet sich bitte stumm
  • Lassen Sie, wenn möglich die Kamera an (das sollte jedoch je nach Stabilität der Internetverbindung individuell entschieden werden)

Je nach Gruppengröße, Art des Workshops oder Teilnehmenden können natürlich weitere Regeln aufgenommen werden, zum Beispiel wie der Chat eingebunden werden soll. Der Kommunikationsknigge hilft, um alle Teilnehmenden für das Verhalten im virtuellen Raum zu sensibilisieren. 

Oft steht man als moderierende Person vor der Herausforderung, aktiv Feedback von den Teilnehmenden einfordern zu müssen. Das erschwert der virtuelle Raum zusätzlich. Vereinbaren Sie deshalb mit den Teammitgliedern, wie Sie Zustimmung oder Ablehnung erhalten möchten – reicht ein Daumen in die Kamera oder soll es eine akustische Meldung sein? 

Ein wichtiger Punkt, der in den Housekeeping-Rules vermerkt werden sollte, ist die Pünktlichkeit aller Beteiligten. Neben der Kommunikation von Pausenzeiten oder der Abfrage von Abwesenheiten zu Beginn des Workshops, ist es auch eine Möglichkeit mit akustischen Signalen zu arbeiten, um das Ende der Pause zu signalisieren. Zum Beispiel kann der Board Owner auf dem Miro-Board einen Timer stellen.

Zusätzlich kann man mit ein paar strengeren Maßnahmen experimentieren, die bis zum Ausschluss aus dem Workshop führen können, wenn jemand mehrmalig oder besonders ausgiebig zu spät kommt und somit die Ergebnisse gefährdet. Was angebracht und nötig ist, muss je nach Auftrag und Lage entschieden werden, insbesondere mit dem Auftraggebenden.

#4 Das Reden um des Redens willen

Ist das Warm-up gelungen, die Aufgaben werden zügig erledigt und der Austausch funktioniert gut unter den Teilnehmenden, bleibt es meist nicht aus, dass das ein oder andere Thema sehr ausgiebig diskutiert werden möchte. Um ausufernde Diskussionen, die das Ziel des Workshops verfehlen zu vermeiden, versehen Sie alle Aufgaben und Blöcke mit festen Zeiten und weisen Sie bei Überschreitungen darauf hin. Sie können auch eine Entscheidung am Ende des gesetzten Zeitrahmens erzwingen. Kann eine Gruppe sich nicht einigen, muss eine vorher festgelegte und kommunizierte Person die Entscheidung treffen. Diese Person sollte von allen in dieser Rolle akzeptiert werden und über entsprechende Befugnisse verfügen. Nutzen Sie zusätzlich das Prinzip des Teilens und Abstimmens, um einzeln erarbeitete Lösungsvorschläge der Gruppe zu präsentieren und im Nachgang demokratisch darüber abzustimmen. Kommt es zum Ernstfall und eine Diskussion kann durch besonders hartnäckige Teilnehmende nicht beendet werden, muss man als Moderierende das Wort an sich reißen. Dies gelingt zum Beispiel indem man diesen Teilnehmenden stumm schaltet. Das ist nicht höflich, aber äußerst effektiv und wirkt nachhaltig erzieherisch.

Wie bei Workshopregeln und -methoden gilt: die vorherige Abstimmung mit dem Auftraggebenden ist unerlässlich.

#5 Haben Sie noch die Aufmerksamkeit der Teilnehmer?

Zum Ende noch ein Tipp zur Einbindung der Teilnehmenden: Die Konzentrationsfähigkeit jedes Menschen ist begrenzt. Deshalb sollte jeder von Zeit zu Zeit eine Aufgabe zur aktiven Mitarbeit erhalten, um nicht in die Situation zu kommen sich „berieseln“ zu lassen. Bestimmen Sie zum Beispiel einen Timekeeper, um die Zeit im Auge zu behalten. Weiterhin tragen neben verschiedenen Aufgaben, der regelmäßige Wechsel zwischen Pause und Arbeit sowie kleine Energizer nach längeren Unterbrechungen dazu bei, Müdigkeit und Langeweile zu vermeiden. 

Am Ende wird alles gut!

Virtuelle Workshops verlangen uns etwas mehr ab als vor-Ort Termine. Zum einen in der Planung und Vorbereitung, zum anderen in der Konzentration und Mitnahme aller Teilnehmenden. Besonders im Home Office und in virtuellen Situationen können unvorhersehbare Dinge passieren und unsere Planung beeinflussen. Bleiben Sie entspannt und flexibel – auch wenn etwas nicht läuft wie geplant.

Apropos flexibel – in Workshops, egal ob virtuell oder vor Ort, kann es immer vorkommen, dass gewisse Methoden oder Tools nicht von allen Teilnehmenden angenommen werden und eine Art Verweigerungshaltung entsteht. Erklären Sie die Wirksamkeit der Tools oder Methoden und wie sie zur Zielerreichung beitragen, beharren Sie aber nicht darauf und versuchen Sie einen Konsens zu finden.

Virtuelle Formate erleichtern die Nachbereitung und mit einer gewissen Routine lernen wir, was gut funktioniert und womit wir uns nicht wohlfühlen. Einer der wichtigsten Punkte – die Authentizität des Moderierenden und die Überzeugung, dass diese Methode zur gemeinsamen Zielerreichung beiträgt.

Sie konnten Ihren Terminen bisher nicht das Optimum entlocken oder suchen eine kompetente Planung, Durchführung und Nachbereitung für Ihren nächsten Workshop? Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!


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